Wärmeleitfähigkeit – Nennwert oder Bemessungswert?
- Norbert Koch
- 19. März
- 4 Min. Lesezeit
Einleitung
Die Wärmeleitfähigkeit ist eine der zentralen Kenngrößen in der Bauphysik, insbesondere wenn es um die Dämmung von Gebäuden geht. Sie bestimmt, wie gut ein Material Wärme leitet oder dämmt. Doch bei der Planung und Ausführung von Dämmmaßnahmen stellt sich oft die Frage: Sollte man sich bei der Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) auf den Nennwert oder den Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit stützen? Dieser Blogbeitrag beleuchtet die Unterschiede zwischen diesen beiden Werten, ihre Bedeutung in der Praxis und warum die richtige Wahl entscheidend für die Energieeffizienz eines Gebäudes ist.
Was ist Wärmeleitfähigkeit?
Die Wärmeleitfähigkeit, oft mit dem griechischen Buchstaben λ (Lambda) bezeichnet, ist eine Materialeigenschaft, die angibt, wie viel Wärmeenergie pro Zeiteinheit durch eine Materialschicht bestimmter Dicke und Fläche bei einem Temperaturunterschied von einem Kelvin (K) transportiert wird. Sie wird in der Einheit Watt pro Meter und Kelvin (W/m·K) angegeben. Je niedriger die Wärmeleitfähigkeit eines Materials ist, desto besser dämmt es.

Nennwert vs. Bemessungswert: Die Grundlagen
Der Nennwert der Wärmeleitfähigkeit
Der Nennwert der Wärmeleitfähigkeit (λ_nenn) ist ein theoretischer Wert, der unter idealen Laborbedingungen ermittelt wird. Er basiert auf standardisierten Tests, bei denen das Material unter kontrollierten Bedingungen (z.B. konstanter Temperatur und Feuchtigkeit) untersucht wird. Der Nennwert dient als Referenzwert und wird oft in Produktbeschreibungen und Datenblättern angegeben.
Der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit
Der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit (λ_bem) hingegen berücksichtigt reale Einsatzbedingungen, die in der Praxis auftreten können. Dazu gehören Faktoren wie:
Feuchtigkeit: Baustoffe können Feuchtigkeit aufnehmen, was ihre Wärmeleitfähigkeit erhöht.
Alterung: Über die Zeit können sich Materialeigenschaften ändern, was die Dämmleistung beeinträchtigen kann.
Temperaturschwankungen: Extreme Temperaturen können die Wärmeleitfähigkeit beeinflussen.
Einbauqualität: Mängel bei der Verarbeitung können die Dämmwirkung reduzieren.
Der Bemessungswert wird in der Regel durch einen Sicherheitsfaktor korrigiert, der diese Einflüsse berücksichtigt. Er ist daher in der Regel höher als der Nennwert.
Warum die Unterscheidung wichtig ist
Die Wahl zwischen Nennwert und Bemessungswert hat direkte Auswirkungen auf die Berechnung des U-Werts, der den Wärmedurchgang durch ein Bauteil beschreibt. Der U-Wert ist entscheidend für die Energieeffizienz eines Gebäudes und wird in der Planungsphase verwendet, um die erforderliche Dämmstärke zu bestimmen.
Nennwert in der Planung
Wenn der Nennwert verwendet wird, kann dies zu einer optimistischeren Einschätzung der Dämmleistung führen. Dies kann zwar zu geringeren Dämmstoffdicken und damit zu Kosteneinsparungen führen, birgt jedoch das Risiko, dass die tatsächliche Dämmleistung im Betrieb nicht den Erwartungen entspricht. Dies kann zu höheren Heizkosten und einem geringeren thermischen Komfort führen.
Bemessungswert in der Praxis
Der Bemessungswert hingegen bietet eine realistischere Einschätzung der Dämmleistung unter realen Bedingungen. Durch die Berücksichtigung von Sicherheitsfaktoren wird sichergestellt, dass die Dämmung auch unter weniger idealen Bedingungen die gewünschte Leistung erbringt. Dies führt zwar oft zu einer höheren Dämmstoffdicke und damit zu höheren Materialkosten, gewährleistet jedoch eine zuverlässige Energieeffizienz und langfristige Einsparungen.
Rechtliche und normative Vorgaben
In Deutschland sind die Anforderungen an die Wärmedämmung von Gebäuden im Gebäudeenergiegesetz (GEG) geregelt. Diese Vorschriften legen fest, welche Werte bei der Berechnung des U-Werts verwendet werden sollen. In der Regel wird der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit gefordert, um sicherzustellen, dass die berechnete Dämmleistung auch in der Praxis erreicht wird.
DIN-Normen und Richtlinien
Die genauen Anforderungen an die Wärmeleitfähigkeit und deren Messung sind in verschiedenen DIN-Normen festgelegt. So beschreibt beispielsweise die DIN EN 13162 die Anforderungen an Mineralwolle-Dämmstoffe, während die DIN 4108-4 die wärmetechnischen Eigenschaften von Bauteilen regelt. Diese Normen legen auch fest, wie der Bemessungswert aus dem Nennwert abgeleitet wird.

Praktische Anwendung: U-Wert-Berechnung
Die Berechnung des U-Werts ist ein zentraler Schritt in der Planung von Dämmmaßnahmen. Der U-Wert beschreibt den Wärmedurchgang durch ein Bauteil und wird in W/m²K angegeben. Je niedriger der U-Wert, desto besser die Dämmung.
Formel zur U-Wert-Berechnung
Der U-Wert wird nach folgender Formel berechnet:
U = 1 / Rges
wobei Rges der gesamte Wärmedurchlasswiderstand des Bauteils ist. Dieser setzt sich aus den Wärmedurchlasswiderständen der einzelnen Schichten des Bauteils zusammen:
Rges = Rsi + R1 + R2 +⋯ + Rn + Rse
Hierbei sind Rsi und Rse die Wärmeübergangswiderstände an der Innen- und Außenseite des Bauteils, und R1, R2,…,Rn R1, R2,…,Rn sind die Wärmedurchlasswiderstände der einzelnen Schichten des Bauteils. Der Wärmedurchlasswiderstand einer Schicht wird berechnet als:
R = d / λ
wobei d die Dicke der Schicht und λ die Wärmeleitfähigkeit des Materials ist.
Beispielrechnung
Angenommen, wir haben eine Außenwand aus folgenden Schichten:
Innenputz: d = 1,5 cm, λ = 0,7
Mauerwerk: d = 24 cm, λ = 0,5
Dämmung: d = 10 cm, λ = 0,035
Außenputz: d = 2 cm, λ = 0,9
Die Wärmeübergangswiderstände betragen Rsi = 0,13 und Rse = 0,04.
Die Wärmedurchlasswiderstände der einzelnen Schichten sind:
Innenputz: R = 0,0150 / 0,7 = 0,021
Mauerwerk: R = 0,240 / 0,5 = 0,48
Dämmung: R = 0,100 / 0,035 = 2,857
Außenputz: R = 0,020 / 0,9 = 0,022
Der gesamte Wärmedurchlasswiderstand beträgt:
Rges = 0,13 + 0,021 + 0,48 + 2,857 + 0,022 + 0,04 = 3,55
Der U-Wert der Wand beträgt somit:
U = 1 / 3,55 = 0,282 W/m²K
Fazit: Nennwert oder Bemessungswert?
Die Wahl zwischen Nennwert und Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit hat erhebliche Auswirkungen auf die Planung und Ausführung von Dämmmaßnahmen. Während der Nennwert unter idealen Bedingungen ermittelt wird und oft zu optimistischen Ergebnissen führt, bietet der Bemessungswert eine realistischere Einschätzung der Dämmleistung unter realen Bedingungen.
Für Bauherren und Planer ist es daher entscheidend, den Bemessungswert zu verwenden, um sicherzustellen, dass die geplante Dämmung auch in der Praxis die gewünschte Energieeffizienz und den gewünschten thermischen Komfort bietet. Dies mag zwar zu höheren Materialkosten führen, gewährleistet jedoch langfristige Einsparungen und eine zuverlässige Dämmleistung.
Über den Autor
Norbert Koch, zertifizierter Energieberater von Koch-Bautechnik, führt diese U-Wert-Berechnungen regelmäßig durch und bespricht sie mit den Handwerkern. Dabei sind wir immer auf der Suche nach der optimalen Lösung für unsere Kunden. Durch die Verwendung von Bemessungswerten stellen wir sicher, dass die geplanten Dämmmaßnahmen nicht nur den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch in der Praxis die gewünschte Leistung erbringen. Kontaktieren Sie uns gerne, um mehr über unsere Dienstleistungen zu erfahren und wie wir Ihnen helfen können, Ihr Gebäude energieeffizienter zu gestalten.
#energieberater #kochbautechnik #energieberatung #riedlingen #hydraulischerabgleich #energieausweis #verbrauchsenergieausweis #bedsarfsenergieausweis #nichtwohngebäude #din18599 #ewärmeg #badenwürttemberg #geg #pvpflichtbw #pvpflichtby #wpb #worstperformingbuilding #seriellesanierung #qng #begemnwg #begem #hauskaufberatung #lüftungskonzept #blowerdoor #lufthygienemessung #kfw458 #heizungsförderung #beleuchtung #smartmeter #heizkostenabrechnung #grundbuch #schimmel #richtiglüften #richtigheizen #staubsaugsysteme #denzentralelüftung #kfw #kfw261#wärmeleitfähigkeit
Ist es möglich, dass Sie die Berechnung von uns überprüfen?
Sehr gut erklärt. Vielen Dank hierfür.
War mir nicht klar. Ich ging bisher immer davon aus, dass die Angaben auf dem Beipackzettel stimmen.
Ist aber auch für den Laien sehr undurchsichtlich.
Leider finde ich immer wieder in U-Wert Berechnungen die falschen Werte. Ist nicht richtig. Das Ergebnis ist dann eben nicht korrekt und kann zu einem Fördermittelausschluß führen.