Von Ursula Knapp, Karlsruhe

Mieter in Altbauwohnungen haben keinen Anspruch auf Wärmedämmung, um eine Schimmelgefahr auszuschließen. Die Miete kann auch nicht wegen der Gefahr der Schimmelbildung gemindert werden. Dieses Grundsatzurteil hat gestern der Bundesgerichtshof (BGH) verkündet.

Ein anders lautendes Urteil des Landgerichts Lübeck hob der für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH auf. Die Lübecker Richter hatten zwei Mietern im sozialen Wohnungsbau Mietminderung zugesprochen. Nach dem Lübecker Urteil hätten Millionen von Mietern die Miete mindern beziehungsweise Dämmungen verlangen können. Denn alle zwischen 1947 und 1978 erbauten Häuser haben sogenannte Wärmebrücken an den Außenwänden, sofern sie nicht nachträglich gedämmt wurden. Denn bei ihrer Errichtung galten die heutigen Vorschriften noch nicht. So war es auch im Streitfall. Es handelt sich um zwei Sozialwohnungen in Glinde (Schleswig-Holstein). Die Häuser waren 1968 beziehungsweise 1971 gebaut worden. Schimmel, der durch die damals geltende Bauweise entstanden wäre, gab es noch nicht. Nur in einer der beiden Wohnungen gab es wegen eines Mauerschadens feuchte Stellen. Dass der Mauerschaden beseitigt werden muss, war unstreitig, aber darum ging es vor dem BGH nicht. Zentral war die Frage, ob die Gefahr von Schimmelpilzen allein aufgrund alter Bauweise einen Anspruch der Mieter auslöst. Laut Gutachten bestand vor allem in Herbst- und Wintermonaten ein konkretes Risiko, wenn nicht mehrmals täglich gelüftet und die Raumtemperatur bei 20 Grad beziehungsweise 16 Grad im Schlafzimmer gehalten wurde.

Das Landgericht Lübeck befand, dass damit ein Mangel der Wohnung vorliege. Vielfaches Lüften am Tag und die Pflicht zu höheren Raumtemperaturen seien Mietern nicht zumutbar. Auch wenn es sich um Altbau handele, dürfe ein Mieter einen „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ erwarten, der heutigen Maßstäben gerecht werde.

Diese Auffassung teilte der BGH nicht. Er blieb bei seiner Rechtsprechung, dass ein Mieter den Standard erwarten könne, der beim Bau des Hauses galt. Es werde Mietern auch nicht zugemutet, die Wohnung dreimal täglich zu lüften, um Schimmel zu vermeiden. Feuchtigkeit entstehe vor allem beim Duschen und bei Betrieb der Waschmaschine. Dann seien die Bewohner aber anwesend und könnten auch lüften. In ihrer Abwesenheit entstehe keine nennenswerte Feuchtigkeit und somit auch keine Notwendigkeit zum Lüften, wandten die BGH-Richter ein. Die Vorsitzende Richterin Karin Milger bezweifelte auch, dass man den Mietern einen Gefallen tue, wenn sie einen Anspruch auf Wärmedämmung beziehungsweise Mietminderung hätten: „Dann würden die Wohnungsgesellschaften Außendämmungen in Auftrag geben und die Kosten auf die Miete umlegen“, so Milger. Die Folge wäre ein „unglaublicher Anstieg der Mieten“ (AZ: VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18).

Quelle: Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau – Nr. 283 Donnerstag, den 6. Dezember 2018, S. 5